Windstärke 5, in Böen 12

Also wie versprochen habe ich in den Tagen ohne Internetanbindung etwas vorgeschrieben. Fangen wir einfach mal mit dem zeitlich Naheliegendem an: Es gab Wind!

Nach einem ordentlichen Regenguss, der die Nacht und den ganzen Donnerstagvormittag gedauert hat, kamen am Nachmittag 15 Knoten Wind – und das plötzlich aus Norden. Das ist für meine Lage nicht optimal, da ich dann mit dem Kite gut 200 m durch Flachwasser latschen darf. Dazu kommt in dem Laufbereich der Wind irgendwie aus allen Richtungen, was die ganze Sache verkompliziert. Wenn man es dann raus geschafft hat, ist die Windrichtung stabil. Da der Wind dann über Land kommt, ist er immer noch ruppig.

Aber was beschwere ich mich, denn der lange erhoffte Wind ist da. Verdächtig ist, dass das der Tag nach Heidis Abflug nach Rarotonga war. Habe Ihr auch gleich geschrieben, wir hätten sie doch ordnungsgemäß verbrennen sollen, dann wären die Götter der Südsee zufrieden gewesen. Kitende Frauen, pah, Hexerei!

Das Problem mit der Windrichtung lässt sich lösen, wenn man nach Honeymoon Island rausfährt. Die Kiteschule fährt einen für 35 Kiwi-$ auf die Insel und zurück. Nur bräuchte ich dann noch ein Fahrzeug, um zum Hafen zu kommen, wo das Boot ablegt.

Also habe ich mal 45 Kiwi-$ auf den Tisch gelegt, damit mich Steve zum Hafen kutschiert. Von dort hat mich sein Sohn Quentin auf die Insel gebracht und zurück direkt wieder am Strand vor meiner Herberge abgeladen.

Mit von der Partie waren Quentins Ableger, von denen Quentin jr. – oder der Pommeskönig, wie ich ihn getauft habe – jedem erzählt hat, dass er mit neun Jahren schon zwei Kitewettbewerbe gewonnen hat. Er kann auch definitiv gut kiten – besser als ich. OK, das ist aber eigentlich kein Qualitätsmerkmal. Darum laufe ich auch nicht herum und erzähle, dass ich schlauer bin als Posemuckel. Das stimmt zwar, aber Hefe kann – mit Recht – dasselbe von sich behaupten. Somit sind „schlauer als Posemuckel“ und „besserer Kiter als Robert“ keine Qualitätsmerkmale.

Anstelle des kleinen Pommeskönigs würde ich auf das Talent zum Kiten verzichten, um die Hälfte des Gewichts zu verlieren. Alternativ kann er auch weiterkiten und einfach die Ernährungsgewohnheiten ändern. Das Frühstück bestand aus einem halben Toastbrot (extra fluffig, ohne Nährwert), verarbeiteten Fischabfällen (aus der Dose) und einer großen Dose Spaghetti (mit Soße). Ich dachte sowas essen nur Computernerds…

Die Truppe wurde abgerundet von Katie und Ben aus Vancouver (woher sonst, ich treffe nur noch Kanadier).

Im Bild (blick Richtung Norden) sind sie Nummer eins und zwei von links. Sie hatten aber beide mäßig Spaß. Ben wollte kiten lernen und Katie etwas im Schatten lesen. Leider gab es auf der Insel keine Hütte (mehr) und die einzigen Schattenspender waren Palmen, umwachsen von Gestrüpp voller brütender Vögel, die keinen Spaß verstehen. Also hat sich Katie auf das beobachten und fotografieren der Flugversuche von Ben verlegt.

Leider war der Wind recht ruppig, die Wellen durchaus einen Meter hoch und die Tide so hoch, dass man eigentlich noch stehen konnte, aber nicht so, dass man mit Kite zurücklaufen konnte. So war Ben dann bald vom Wind dem Ufer entrissen und trieb gen Riff. Dort hat Ihn dann Quentin erlöst und er durfte den Kite übergeben und zurückschwimmen. Also waren nur noch Quentin und ich auf dem Wasser, als mir eine dunkle und verärgert wirkende Wolke im Süden auffiel.

Es hatte vorher aber auch schon auf Aitutaki (nördlich von Honeymoon Island) geregnet und bei uns war eitel Sonnenschein. Zudem war die Wolke genau südlich von uns und der Wind kam aus Nord-Nordwest, was sollte also passieren? Lag ich falsch…

Als ich dann das nächste Mal Blick Richtung Süden hatte, war die Wolke schon da – scheinbar interessiert sich die Windrichtung da oben nur bedingt für die Windrichtung hier unten. Der Wind traf den Kite wie ein Vorschlaghammer. Ich hatte das gute Stück fast direkt über mir, aber ich wurde trotzdem einfach senkrecht aus dem Wasser gehoben. Für vermutlich nur eine Minute – gefühlt endlos – wurde ich dann Richtung Riff gezogen bzw. geflogen.

Als ich die Kontrolle wieder hatte, war der Spaß noch lange nicht vorbei, denn nun wechselte sich kein Wind mit 25 Knoten Windgeschwindigkeit in beliebigen Abständen. Ich habe dann sicher fast eine halbe Stunde gebraucht um mich zurück ans Ufer zu kämpfen. Großes Lob gebührt mir – natürlich, wem sonst -, dass ich zum ersten Mal nicht die Ruhe verloren habe und mit dem gesamten Equipment unbeschadet aus der Nummer rausgekommen bin.

Der zweite Blumenstrauß geht aber an Tom vom Kiteshop in Kalpitiya, der meinen Kite in Sri Lanka zweimal geflickt hat. Nach der Belastungsprobe kann ich nun sagen, dass der Kite hält…

Ich werde zum Ende noch einmal einen Kiteguide für Aitutaki schreiben, aber soviel sei jetzt schon einmal verraten: Aitutaki ist kein „country for young kiters“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man als Anfänger hier Spaß hat. Im Moment ist noch Nebensaison was den Wind angeht. Sicher ist der Wind ab Mai dann den ganzen Tag gleichmäßig…oder vielleicht auch nicht.

So wie sich manche Leute Ihr Studium oder Ihren Arbeitgeber schöntrinken, reden sich Kiter die Windverhältnisse an den diversen Kitespots schön.

Völlig aus dem Kontext ein Prost an alle Juristen und meine ehemaligen Kollegen!

15 Kommentare bei „Windstärke 5, in Böen 12“

  1. Haustiers dickes Weib sagt: Antworten

    Da der Jurist noch schläft, proste ich zurück und gratuliere zu deinen Heldentaten. Vielleicht dreht jetzt jemand einen Dokumentarfilm über den fliegenden Robert? Die Geschichte in Buchform gibt es ja schon…

    1. Ich merke schon der Jurist lässt deutlich nach. Wo sind die Zeiten da er um die Zeit schon mit einem Stein an Bäumen klopfte und Fleisch für mich auf dem Feuer lag. Das mit dem Dokumentarfilm müsste ich selber machen, ist mir aufgrund der Codecfrage aber zu stressig…

  2. Abfindung eingetrudelt?

    1. Weder das Bestehen oder nicht Bestehen eines Beschäftigungsverhältnis oder von Abdinungsansprüchen wird mich davon abhalten die Wahrheit zu sagen. Das solltest Du doch wissen!

  3. Und „Prost“ ist immer gut. Macht man das zu Ostern eigentlich mit Eierlikör?

    1. Das wäre ein interessantes Getränk, dass hier sicher binnen anderthakb Minuten schlecht ist…

  4. Prost! – Hast Du nun Deine über dreiwöchige Abstinenz nun beendet oder gar gefastet? Na dann gönn Dir noch einen richtigen Steaklappen!…..Du Held der Südsee!!!

    1. Es scheint ja nicht mal einen Grill zu geben. Also wird es vermutlich mit dem Steaklappen auch schwierig.

      1. Es gibt durchaus den einen oder anderen Grill, nur nichts was man damit grillen könnte bzw. dürfte.

    2. Nee, ich hab hier keine Lust auf Alkohol und Fleisch gibt es hier nur tiefgefroren. Das spare ich mir alles für Neuseeland auf…

  5. Schon mal was von einer Feuersteĺle gehört? Wo Steakhunger, ist auch ein Weg.

  6. Was mich noch interessieren würde: Wenn Dich der Wind einfach vom Strand weggetrieben hat, wie hast DU dann den Weg ohne Navi zurück gefunden?

    1. Die Entfernungen sind dann doch überschaubar und vor allem hat niemand etwas irgendwo hingebaut, so dass ich mich an unnütze Dinge wie Straßen halten muss!

  7. …als Robert bemerkte dass die Fische größer wurden und die Anzahl der Hairückenflossen zunahm, wusste er, dass dies die falsche Richtung sein mußte.
    Also kehrte er um und fand so wieder den Strand! Logo oder?

    1. So funktioniert das nicht! Die Haie wissen, dass die dicken Touristen bei starkem Wind nicht zum Schnorcheln rauskommen und bleiben zu Hause.

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